Töpfern in der Kunsttherapie, Mekis ein neues Programm zur Behandlung von Mediensucht in der Klinik Schönsicht Berchtesgaden

12.11.2025


Wenn Ton zur Sprache wird – Kunsttherapie im MEKIS-Projekt


Gestern war ein besonderer Tag in meiner kunsttherapeutischen Arbeit: Der Bayerische Rundfunk war bei uns im MEKIS-Projekt zu Gast in der Klinik Schönsicht und hat gefilmt, wie ich mit den Kindern und Jugendlichen an meinem neuen Kunsttherapie-Projekt arbeite – der Gestaltung von Gebrauchskeramik.

Ein besonderer Moment

Während die Kameras liefen, wurde mir einmal mehr bewusst, wie besonders dieser Ort ist: Ein Raum, in dem Kinder, die oft mit innerer Unruhe, Rückzug oder einem starken Medienfokus zu kämpfen haben, wieder mit ihren eigenen Händen in Kontakt kommen dürfen.
Im Alltag sind ihre Finger meist an Bildschirmen – hier tauchen sie in Ton ein. Sie spüren, wie sich das Material formen lässt, wie Widerstand und Nachgiebigkeit im Gleichgewicht stehen.

Über das MEKIS-Projekt

Das MEKIS-Projekt ist ein Forschungsprojekt, das sich mit einem noch jungen Krankheitsbild beschäftigt: der Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen. Ziel ist es, herauszufinden, wie therapeutische Angebote helfen können, wenn der Medienkonsum überhandnimmt und andere Lebensbereiche in den Hintergrund treten.
In einem multiprofessionellen Team arbeiten wir mit medizinischen, psychologischen und kunsttherapeutischen Ansätzen – um Wege zu finden, die Jugendlichen wieder in Kontakt mit sich selbst und ihrer Umwelt bringen. Und ich darf im Rahmen der Kunsttherapie und mit meiner Leidenschaft für den Werkstoff Ton, ein Teil davon sein. 

Mein kunsttherapeutischer Ansatz

In der Kunsttherapie erlebe ich immer wieder, dass Gestalten eine Form des Wiederverbindens ist. Kinder, die zu Beginn kaum Blickkontakt aufnehmen oder nur über Computerspiele sprechen können, finden über die sinnliche Arbeit mit Ton langsam zu sich zurück.
Der Ton fordert Geduld, Achtsamkeit und Körperbewusstsein – alles Fähigkeiten, die im schnellen digitalen Rhythmus leicht verloren gehen.

Jedes Kind gestaltet in mehreren Sitzungen – meist vier bis sechs – ein eigenes Geschirrset: eine Tasse, einen Teller, eine Schale. Dabei geht es nicht nur um das Endprodukt, sondern um den Prozess: das Kneten, Ausrollen, Verzieren, Trocknen, Glasieren.
Die Kinder erleben, dass Dinge Zeit brauchen, dass sie Einfluss haben, dass etwas bleibt.

Symbolik und Selbstwirksamkeit

Ein Geschirrset zu gestalten bedeutet, etwas für den eigenen Alltag zu schaffen – etwas, das benutzt werden darf, das Wert hat. Viele Kinder sind erstaunt, wenn sie am Ende ihr eigenes Set in den Händen halten.
Es ist ein starkes Symbol für Selbstwirksamkeit und Identität: „Das habe ich gemacht. Das gehört mir. Ich kann gestalten.“

Dieser Moment, wenn ein Kind seine fertige Tasse betrachtet, ist oft leise – aber tief berührend.
Ich sehe dann nicht nur ein Kunstwerk aus Ton, sondern einen kleinen Schritt in Richtung Selbstvertrauen und innerer Stabilität.

Wenn Medienkompetenz durch Hände wächst

Im MEKIS-Projekt geht es nicht darum, Medien grundsätzlich zu verteufeln. Vielmehr wollen wir den jungen Menschen helfen, eine gesunde Balance zu finden – zwischen digitaler und analoger Welt, zwischen Außenreizen und innerer Wahrnehmung.
Die Kunsttherapie schafft hier Räume, in denen Kinder lernen, wieder im Moment zu sein. Der Ton lässt sich nicht durch Antippen korrigieren, Fehler sind Teil des Prozesses. Gerade darin liegt die therapeutische Kraft.

Der BR zu Besuch

Dass der Bayerische Rundfunk diesen Prozess begleitet hat, war für mich ein schönes Zeichen der Wertschätzung. Es zeigt, dass das Thema Mediensucht – und die Frage, wie wir Kinder in dieser neuen digitalen Lebenswelt begleiten können – immer mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhält.

Unten wird bald der Beitrag der Münchner Runde im Bayerischen Rundfunk zu sehen sein:


Ich freue mich sehr, dass ich mit meiner Arbeit ein Stück dazu beitragen darf, dass Kinder und Jugendliche Wege finden, wieder mehr Selbstwahrnehmung, Kreativität und innere Ruhe zu erleben – und dass Kunsttherapie ein Teil dieser Forschungsarbeit sein darf.